Unsere Foto-Reporter*innen berichten:
„Zwei Tage, zwei Perspektiven:
Ein tiefgreifender Einblick in die Alltagsherausforderungen von Menschen mit Behinderung.
In einer Zeit, in der Inklusion und Barrierefreiheit immer stärker in den Vordergrund treten, wird oft unterschätzt, wie alltägliche Herausforderungen das Leben von Menschen mit Behinderungen beeinflussen können.
Um dieses Bewusstsein zu schärfen, habe ich an zwei inklusiven Spaziergängen in München teilgenommen. Diese Erfahrung hat nicht nur meine Perspektive verändert, sondern auch den Wert taktiler Führungssysteme und akustischer Signale in der Stadtplanung deutlich gemacht.
Sehbehindert auf dem Marienplatz
Am Mittwoch starteten wir vom Marienplatz, ausgestattet mit Augenbinden, Blindenstöcken und einem Partner zur Navigation. Das Wetter war ideal; der Himmel wolkenlos, was jedoch für uns mit Augenbinden irrelevant war.
Unsere Mission war klar: Vom Marienplatz mit der U-Bahn zum Sendlinger Tor fahren. Eine kurze, alltägliche Strecke wurde zu einer intensiven Lernerfahrung. Taktile Führungssysteme und insbesondere die menschliche Hilfe erhielten eine neue Bedeutung. Früher fast unbemerkt, erlebte ich die Relevanz dieser Elemente in der Dunkelheit, die uns umgab.
Auf dem Rückweg wechselten wir die Rollen – mein Partner wurde jetzt blind. Dieser einfache Perspektivenwechsel verlieh der gesamten Erfahrung eine neue Dimension. Man merkt, wie langsam man ist und wie verloren die Person ohne Hilfe wäre. Dies betont unmissverständlich den unschätzbaren Wert einer Kombination aus akustischen Signalen, taktilen Markierungen, präzisen Navigationsanwendungen und menschlicher Interaktion.
München plötzlich ganz still
Einen Tag später, nach dem Glockenspiel am Marienplatz, trafen wir uns erneut. Die Herausforderung des Tages bestand darin, die Stadt aus der Perspektive eines Gehörlosen zu erleben. Mit Ohrenstöpseln und Kopfhörern ausgestattet, setzten wir unseren Spaziergang fort.
Anfangs schien die Stille angenehm und sogar beruhigend. Der Viktualienmarkt erschien einem noch nie so entspannt. Aber die Realität der Herausforderungen stellte sich schnell ein, insbesondere als wir in Rollenspielen eine Butterbrezel bestellen mussten oder einer verletzten Frau helfen mussten.
Die Schwierigkeit der einfachsten Aufgaben zeigte sich auch in einem Rollenspiel zur U-Bahn, wo die fehlende Möglichkeit, Durchsagen zu hören, uns vor ein großes Problem stellte. Dieser Moment zeigt, wie wichtig menschliche Mithilfe und auch technische Hilfsmittel wie spezielle Apps zur Anzeige von Störungen oder Umstiegen sind.
Schlussfolgerungen
Die inklusiven Spaziergänge waren für mich ein Augenöffner, der über bloße Sensibilisierung hinausging. Sie gaben mir konkrete Einblicke in die Alltagsherausforderungen von Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen. Diese Erfahrungen unterstreichen die Notwendigkeit, kleine aber effektive Verbesserungen in der Stadtplanung vorzunehmen.“
Unser Foto-Reporter Cyrill S. war im Rahmen eines sozialen Firmen-Engagements für uns unterwegs.
Unsere Foto-Reporterin Elisabeth Eitzinger war am Samstag bei einer Rollstuhl-Exkursion dabei:
„Eine kleine Gruppe mit jeweils einer Person im Rollstuhl und einer zweiten Person, die schiebt, war etwa 450 m (Gesamtstrecke) in der Münchner City unterwegs.
In einem Rollstuhl sitzend die Strecke vom Marienplatz zum Viktualienmarkt und zurück zu bewältigen – ist eine völlig neue Erfahrung, Passanten jeden Alters, Radfahrern und Menschen mit Kinderwagen muss man geschickt ausweichen, die wenigsten Fußgänger achten auf Rollstuhlfahrer.
Dazu kommen die Gehsteigkanten, die am besten rückwärts überwunden werden, d. h. mit den großen Rädern des Rollstuhls zuerst.
Der Rundgang fand statt mit Andreas Scherer von der Stiftung Pfennigparade, der selbst im Rollstuhl sitzt und der Gruppe wertvolle Hinweise im Umgang mit (E-) Rollstühlen gab. Im Anschluss füllten alle Teilnehmer noch einen Fragebogen zur inklusiven Mobilität des Lehrstuhls für Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung der TU München aus.
Eine wichtige Info in Sachen inklusive Mobilität für alle MVV-Kunden: im jeweils ersten S-Bahn-Waggon, vom Fahrer aus gesehen an der ersten Tür, ist per Knopfdruck eine ausfahrbare Rampe zu betätigen.“
Liebe Elisabeth, lieber Cyrill , vielen Dank für eure aufschlussreichen Berichte!
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